Werbung für den Wieder­aufbau des Berliner Schloss in rechts­ra­di­kalen Kreisen

Seit seiner Gründung 1992 warb der Förder­verein Berliner Schloss e.V. um Unter­stützer und Spender in rechts­ra­di­kalen Milieus.

Im Juli/​1993 schaltete er in der damals noch nur zweimo­natlich erschei­nenden neurechten Zeitung Junge Freiheit eine halbsei­tigen Werbe­an­zeige für Spenden für die Fassa­den­si­mu­lation. Begleitet wurde die Anzeige von einem Artikel unter dem Titel „Das Stadt­schoss wird sichtbar“, welchen der stell­ver­tre­tende Vorsit­zendes des Förder­vereins und rechts­ra­dikale Politiker Dieter Lieber­wirth verfasst hatte. Dieter Lieber­wirth hatte bereits ein gutes Jahr zuvor in der Jungen Freiheit über die Ideen zum Wieder­aufbau des Berliner Schlosses berichtet und dafür geworben (Ausgabe Januar 1992). Seit dieser Zeit hat die Junge Freiheit häufig über den Wieder­aufbau des Berliner Schlosses berichtet und dafür intensiv geworben.

Anzeige des Förder­vereins Berliner Schloss in der Zeitung Junge Freiheit
Juli 1993

In der Publi­kation der Staats- und Wirtschafts­po­li­tische Gesell­schaft (SWG) ‚Fragen zur Zeit‘, welche vom rechts­extremen Journa­listen und Altnazi Hugo Wellems heraus­ge­geben wurden, publi­zierte der NS-​Raubgut-​Funktionärs Niels von Holst­be­reits 1993 ein Plädoyer für den Wieder­aufbau des Berliner Schlosses. Wilhelm von Boddien veröf­fent­lichte hier 2001auf Einladung des rechts­ra­di­kalen SWG-​Vorsitzenden Reinhard Uhle-​Wettler gemeinsam mit seinem Großspender Ehrhardt Bödecker und weiteren Rechts­ra­di­kalen. 2007 hier von Boddien bei der SWG einen Vortrag. Auch unter Leitung von Uhle-​Wettlers Nachfolger Manfred Backerra blieb die SWG dem Förder­verein treu und warb 2015 erneut für Spenden für das Schlossprojekt.

Cover des Jahrbuchs der Staats- und Wirtschafts­po­li­tische
Gesell­schaft Hamburg, 2015

Im Februar 1999 hielt der Vorsit­zende des Förder­vereins Wilhelm von Boddien gemeinsam mit dem Vertrie­be­nem­funk­tionär Paul Latussek bei der Jungem Landmann­schaft Ostpreußen ein zweitä­giges Seminar zum Thema „Aufbruch in die Berliner Republik?“ ab. Seit 1995 wurde die Junge Lands­mann­schaft vom Verfas­sungs­schutz beobachtet, nicht zuletzt weil ihre Zeitung „Fritz“ gegen „jüdische Vergan­ge­nen­heits­be­schwörer“, „Überfremdung“, „Völker­mi­schung“ und „Umerziehung“ agitierte und Schwarze als „Sexprotze“ und „Neger“ rassis­tisch diffa­mierte. Der stell­ver­tre­tender Vorsit­zender des Bundes der Vertrie­benen Paul Latussek war an mehreren rechts­extremen Organi­sa­tionen wie Gedächt­nis­stätte e. V. , Bundes freier Bürger und Sügida beteilig und wurde aufgrund eine Rede im Jahr 2001 wegen Volks­ver­hetzung verurteilt.

Wilhelm von Boddien hielt wiederholt Vorträge in rechts­las­tigen Kreisen, so etwa bei der Clausewitz-​Gesellschaft im Jahr 2008, der NS-​Kriegsverbrecher als Ehren­mit­glieder sowie NPD-​Bundesvorstandmitglied Olaf Rose als reguläres Mitglied angehörten. 2010 referierte von Boddien bei der Preußi­schen Gesell­schaft Berlin, bei der auch Monar­chisten und rechts­extremen Publi­zisten wie Hans-​Dietrich Sander als Redner auftraten. Im Vorstand der Gesell­schaft war seit 2002 der Unter­stützer des Förder­vereins Fürst Ferdinand von Bismarck.

2019 war Wilhelm von Boddien ein Ehrengast bei 65. Geburts­tags­feier von Matthias Matussek, Sympa­thisant der rechts­ra­di­kalen Identi­tären und der AfD. Andere Gäste der Party waren u.a. Mario Müller von der Identi­tären Bewegung, der Chefre­dakteur des rechts­las­tigen Magazins Cato Andreas Lombard, die Leiterin der AfD-​nahen Desiderius-​Erasmus-​Stiftung Erika Steinbach, der AfD Politiker Roger Lebien, des rechts­ra­dikale Journalist Hanno Borchert und der Verleger der Wochen­zeitung Junge Freiheit Dieter Stein. Matthias Matussek postete noch in der Party­nacht bei Facebook u.a. stolz, dass u.a. der Schloss­vi­sionär Boddien sein Geburts­tagsgast war.

Facebook Post von Matthias Matussek

2018 stellte sich Wilhelm von Boddien dem Heraus­geber des neurechten Magazins Cato, Andreas Lombard, für eine Reportage zu Verfügung. Allein­ge­sell­schafter des Magazins ist der Verlag der Wochen­zeitung Junge Freiheit. 2021 gab Geschäfts­führer von Boddien und Vereins­vor­sit­zender Richard Schröder der neurechten Preußi­schen Allge­meinen Zeitung ein Interview, 2022 veröf­fent­lichte Richard Schröder hier auch einen eigene Aufsatz.[1]

Umfang­reich ist die Unter­stützung des Schloss­pro­jektes in publi­zis­ti­schen Medien des rechts­ra­dikale Milieus, wie etwa Achse des Guten, Compact, Corona, Epoch Times, Idea Spektrum, Freilich, MUT, Political Incorrect PI-​news, Reitschuster, Sezession, Tichys Einblick, Ostpreu­ßen­blatt und Zuerst!.

Beitrag in der rechts­extermen Zeitschrift Compact Heft 7/​2017, Auflage 40.000.
Cover der evange­li­kalen Zeitschrift Idea Spektrum, 9.11.2022

Auch die Vereins­eigene Publi­kation „Berliner Extra­blatt“ adres­siert in seiner Rhetorik ein rechts­las­tiges Milieu und muss inzwi­schen selber schon in Teilen eine neurechten Publi­zistik zugerechnet werden. Schon immer verfolgte es eine einfache schwarz-​weiß Malerei eine Argumen­tation, bei der Rekon­struktion per se gut, moderne Archi­tektur hingegen per se schlecht sei. In den letzten Jahren hat sich diese Argumen­tation aller­dings verschärft. Die Ausgabe Nr. 97 von Mai 2022 rief einen »Kultur­kampf« aus, sprach von »überhitztem Säkula­rismus«, Verlust »abend­län­di­scher Identität«, einem »Akt der Tyrannei« , »kollek­tiver Amnesie«, »Gehirn­wäsche«[2] und kriti­sierte die »deutschen Leitmedien«.[3] Den Neubau des Schlosses dekla­rierte der Verein auch als Versuch, sich solchen Fehlent­wick­lungen entge­gen­zu­stemmen. Die »Radikal­mo­derne« wurde einem pauschalen Bashing unter­zogen und mit den visuellen Methoden der NS-​Ausstellung Entartete Kunst diffa­miert. [4] In einem Bildpaar diente eine Monster­spinne aus einem Science-​Fiction als Analogie zu einem Projekt von Zaha Hadid. Daniel Libes­kinds Umgang mit dem Altbau­be­stand beim Jüdisches Museum in Berlin wurde als „bedrü­ckendes Beispiel“ kriti­siert. [5] Wahrheits­widrig behauptete in dieser Ausgabe Vereins­vor­sit­zender Richard Schröder, die Kritik am Antise­mi­tismus Bödeckers gehe auf ein gefälschtes Zitat zurück.[6]

Bildge­gen­über­stellung wie bei der NS-​Ausstellung Entartete Kunst
im Berliner Extra­blatt Nr. 97 von Mai 2022

Schröder behauptete zudem, Rechts­extre­mismus sei »viel zu schwammig für ein Ausschluss­kri­terium«. Er nahm die AfD und die Zeitschrift Junge Freiheit vor Kritik in Schutz und sah auch keine ethischen Standards verletzt, wenn Personen in einer Zeitschrift publi­zieren, in der auch Texte von Holocaust­leugnern veröf­fent­licht werden. Dann ging er noch einen Schritt weiter: Er sah in der Leugnung des Holocausts eine Meinungs­äu­ßerung, deren Verbot er als Einschränkung der Meinungs­freiheit proble­ma­ti­sierte, [7] eine Äußerung, mit der Schröder Holocaust­leug­nungen insgesamt relativierte.


[1] Laudatio: Ein Leben für das Schloss, 27.2.2022
[2]Berliner Extra­blatt Nr. 97, S. 35/​36.
[3] Ebd., S. 49.
[4] Ebd., insbe­sondere S. 23 – 26, Bildpaar S. 26.
[5] Ebd., S. 26.
[6]https://​www​.epochtimes​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​d​e​u​t​s​c​h​l​a​n​d​/​b​e​r​l​i​n​e​r​-​s​c​h​l​o​s​s​-​h​u​m​b​o​l​d​t​-​f​o​r​u​m​-​f​o​r​d​e​r​t​-​g​e​s​i​n​n​u​n​g​s​u​e​b​e​r​p​r​u​e​f​u​n​g​-​d​e​r​-​s​p​e​n​d​e​r​-​a​3​8​5​5​0​6​5​.​h​tml#; https://vera-lengsfeld.de/2022/06/15/gesinnungsschnueffelei-statt-rechtsstaatlichkeit/,http://neuebürgerzeitung.de/; https://​www​.freiewelt​.net/​b​l​o​g​/​g​e​s​i​n​n​u​n​g​s​s​c​h​n​u​e​f​f​e​l​e​i​-​s​t​a​t​t​-​r​e​c​h​t​s​s​t​a​a​t​l​i​c​h​k​e​i​t​-​1​0​0​8​9​5​71/; https://​reitschuster​.de/​p​o​s​t​/​g​e​s​i​n​n​u​n​g​s​s​c​h​n​u​e​f​f​e​l​e​i​-​s​t​a​t​t​-​r​e​c​h​t​s​s​t​a​a​t​l​i​c​h​k​e​it/; https://​www​.stadtbild​-deutschland​.org/​f​o​r​u​m​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​t​h​r​e​a​d​/​8​1​1​6​-​b​e​r​l​i​n​e​r​-​s​c​h​l​o​s​s​/​&​p​o​s​t​I​D​=​3​9​0​1​4​7​&​h​i​g​h​l​i​g​h​t​=​O​s​w​a​l​t​#​p​o​s​t​3​9​0​147); alle aufge­rufen zwischen 6.6. und 22.8.2022.
[7] Hingegen hat das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt in einem Urteil zur Holocaust­leugnung im Juni 2018 festge­stellt: »Die Verbreitung erwiesen unwahrer und bewusst falscher Tatsa­chen­be­haup­tungen kann nicht zur Meinungs­bildung beitragen und ist als solche nicht von der Meinungs­freiheit gedeckt.« (Beschluss vom 22.6.2018, 1 BvR 673/​18, siehe dazu https://​www​.bundes​ver​fas​sungs​ge​richt​.de/​S​h​a​r​e​d​D​o​c​s​/​P​r​e​s​s​e​m​i​t​t​e​i​l​u​n​g​e​n​/​D​E​/​2​0​1​8​/​b​v​g​1​8​-​0​6​7​.​h​tml

— 25. Mai 2024

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