Frauen machen (Schloss-) Geschichte

Der Historiker Heinrich von Treitschke sagte eins „Männer machen Geschichte“. Zum Glück ist diese veraltete Ansicht längst widerlegt. Doch wenn man an das Berliner Schloss denkt, kommen einem eher Männernamen in den Kopf – von Kurfürst Friedrich I über Karl Liebknecht bis hin zu Erich Honecker. Die Darstellung der Schlossgeschichte ist eher männerdominiert. Dabei gab es viele starke Frauen, deren Geschichten eng mit dem Berliner Schloss verbunden waren. Genau diese Biografien will ich beleuchten und endlich die Frauen des Berliner Schlosses würdigen.

Geplant ist eine einmalige ein Tag lange performative Intervention, mit der Thematik: Frauen, die Teil der Schlossgeschichte waren.

Dafür fertige ich 12 Demo Schilder an. Diese werden je einer Frau der Schlossgeschichte gewidmet: mit Name, Lebensdaten und 2-3 Sätzen ihrer Errungenschaften. Handgeschrieben mit schwarzen Markern auf braunen Karton, mal hoch- oder querformatig, werden sie an ca 1,30 cm langen Holzstäben befestigt.

3 mal an dem Tag, für je 20 Minuten, werden diese Schilder von 12 freiwillige Frauen getragen. Vor dem Schloss laufen sie langsam mit den Schildern im Kreis. Nach der Performance werden die Schilder in vorher arrangierte Bodenhalterungen (Zementblöcke mit Loch) in einen Kreis aufgestellt. Nach der dritten Performance (je um 12, 14 und 16 Uhr) stehen die Schilder noch bis 20 Uhr, dann werden sie und die Bodenhalterungsblöcke weggeräumt.

Die 12 Schloss-Frauen

Luise Henriette von Oranien 1627-1667
Trotz ihrer ungewollten Zwangsheirat mit Friedrich Wilhelm von Brandenburg war sie eine pragmatisch denkende Beraterin für den Kurfürst und hatte so viel politische Macht wie kaum eine Regentin ihrer Zeit. Mit großem Engagement setzte sie sich für die Aussöhnung mit Polen und die Beendigung des Nordischen Krieges ein.

Louise Aston 1814 -1871
Die Schriftstellerin gilt als Vorkämpferin für die demokratische Revolution und Frauenbewegung. In Berlin fiel sie besonders wegen ihres Nonkonformismus auf und hinterfragte früh Gender-Stereotypen.

Lucie Lenz 1824-1913
Als Mann verkleidet war sie bei dem Zeughaussturm im Juni 1848 in Berlin dabei. Unerschrocken baute sie vor dem Schloss Barrikaden und war so ein wichtiger Teil der Märzrevolution.

Rosa Luxemburg 1871-1919
„Revolution ist großartig, alles andere ist Quark“
Als einflussreiche Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung war sie während der Novemberrevolution eine der treibenden Kräfte bei dem Sturz der Monarchie. Sie war anwesend als Karl Liebknecht am 9. November 1918 vom Schloss Balkon die „Freie Sozialistische Republik Deutschlands“ausrief.

Cläre Casper-Derfert ?
„Steh auf, Arthur, heute ist Revolution!“
Die Arbeiterin war Mitglied der Revolutionären Obleute. Sie war bei der Demonstration am 9.November 1918 auf dem Schlossplatz dabei als eine von mehrere Tausenden die Kopf und Kragen für den demokratischen Wandel riskierten.

Ilse Thiele 1920-2010
Als SED-Politikerin war sie von 1953 bis 1989 Vorsitzende der Massenorganisation Demokratischer Frauenbund Deutschlands (DFD) und setze sich für die „Beseitigung aller Formen der Diskriminierung der Frauen“ ein. Jährlich veranstaltete sie den Kongress des DFD im Palast der Republik, wo Frauen aus der ganzen DDR sich vernetzen konnten.

Sabine Bergmann-Pohl 1946
Die Politikerin war das letzte Staatsoberhaupt der DDR. Sie erinnert sich an den Palast der Republik, der Sitz der Volksversammlung war, als den Ort “wo die deutsche Wiedervereinigung beschlossen wurde“.

Lise Meitner 1878-1968
Die österreichische Kernphysikerin forschte in Berlin mit Otto Hahn an dem Institut der Kaiser- Wilhelm-Gesellschaft – diese hatte ihren Sitz seit 1922 im Berliner Schloss. In den sogenannte Wintervorträge, die auch im Schloss stattfanden, machte sie ihre Forschung z.B. zum Aufbau des Atominneren der Öffentlichkeit zugänglich.

Anne-Gudrun Meier-Scherling 1906-2002
Als eine der ersten Frau Deutschlands studierte sie Jura. Nach dem Studium arbeitete sie im Schloss als Hilfskraft am Institut für ausländisches und internationales Recht. Später wurde sie die erste Richterin am Bundesarbeitsgericht.

Eugenie Schwarzwald 1872-1940
Genia baute in Wien ein ganzes Netz von Wohlfahrtseinrichtungen auf. Nach dem Umzug nach Berlin baute sie 1923 in der einst kaiserlichen Schlossküche eine Gemeinschaftsküche, die vor allem Künstlern, Freiberuflern, und Studenten ein günstiges Essen sichern sollte.

Marie-Elisabeth Lüders 1878-1966
Die Sozialpolitikerin setzte sich mit viel Herzblut für die Eröffnung des Helene-Lange-Tagesheim für Studentinnen im Schloss ein. Für wenig Geld konnten dort ab 1928 31 Studentinnen leben. Ein großer Gewinn, da die Wohnsituation für weibliche Studentinnen sehr prekär war.

Elisabeth Henschel-Simon 1897 – 1946
Die Kunsthistorikerin wurde 1927 Kustodin bei der neu geschaffenen preußischen „Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten“, mit Dienstsitz im Berliner Schloss. Dort kümmerte sie sich engagiert um den Erhalt des Hauses sowie die Verfügbarkeit dessen für die Öffentlichkeit. 1933 wurde sie entlassen, weil sie Jüdin war.


Pia Höhfeld (*1996 in Frankfurt a.M., lebt in Berlin) studiert nach einer abgeschlossenen Ausbildung zur Gestalterin in Print-Medien zur Zeit BA Visuelle Kommunikation an der Weißensee Kunsthochschule Berlin. Ihre künstlerische Praxis bezieht sich auf Thematiken, die ihr durch persönliche Erfahrungen sehr am Herzen liegen,  besonders die Repräsentation und Bestärkung von Frauen. Wichtig ist ihr dabei auch ein nachhaltiger Umgang mit Materialien, weshalb sie oft auf Abfall als Ressourcen zurückgreift. Sie ist sehr dankbar, dass sie ihre Werke schon in diversen deutschen Städten (unter anderem Berlin, Hamburg, Deggendorf, München, Stralsund, Potsdam) und international (Polen, USA, Argentinien) zeigen durfte.


Women make (Palace-)history

The historian Heinrich von Treitschke once said, ‘Men make history’. Fortunately, this outdated view has long been disproved. But when you think of the Berlin Palace, male names tend to spring to mind – from Elector Friedrich I to Karl Liebknecht and Erich Honecker. The portrayal of the palace’s history tends to be male-dominated. Yet there were many strong women whose stories were closely linked to the Berlin Palace. It is precisely these biographies that I want to illuminate and finally honour the women of the Berlin Palace.

I am planning a unique one-day performative intervention with the theme: women who were part of the palace’s history.

For this, I am making 12 demo signs. These will each be dedicated to a woman from the palace’s history: with her name, vital data and 2-3 sentences about her achievements. Handwritten with black markers on brown cardboard, sometimes in portrait or landscape format, they are attached to approx. 1.30 cm long wooden sticks.

3 times a day, for 20 minutes each time, these signs are carried by 12 volunteer women. In front of the palace, they walk slowly with the signs in a circle. After the performance, the signs are placed in pre-arranged ground holders (cement blocks with a hole) in a circle. After the third performance (at 12 noon, 2 p.m. and 4 p.m.), the signs will remain in place until 8 p.m., when they and the ground support blocks will be removed.

The 12 palace women

Luise Henriette von Oranien 1627-1667
Despite her unwanted forced marriage to Frederick William of Brandenburg, she was a pragmatic advisor to the Elector and wielded more political power than almost any other regent of her time. She campaigned with great commitment for reconciliation with Poland and the end of the Northern War.

Louise Aston 1814 -1871
The writer is regarded as a pioneer of the democratic revolution and women’s movement. In Berlin, she attracted particular attention for her non-conformism and questioned gender stereotypes early on.

Lucie Lenz 1824-1913
Disguised as a man, she took part in the storming of the armoury in Berlin in June 1848. Undaunted, she built barricades in front of the palace and was thus an important part of the March Revolution.

Rosa Luxemburg 1871-1919
‘Revolution is great, everything else is rubbish’
As an influential representative of the European labour movement, she was one of the driving forces behind the overthrow of the monarchy during the November Revolution. She was present when Karl Liebknecht proclaimed the ‘Free Socialist Republic of Germany’ from the palace balcony on 9 November 1918.

Cläre Casper-Derfert ?
‘Get up, Arthur, today is revolution!’
The labourer was a member of the Revolutionary Obleute. She was at the demonstration on 9 November 1918 on Schlossplatz as one of several thousand who risked their lives for democratic change.

Ilse Thiele 1920-2010
As an SED politician, she was chairwoman of the mass organisation Democratic Women’s Association of Germany (DFD) from 1953 to 1989 and campaigned for the ‘elimination of all forms of discrimination against women’. Every year, she organised the DFD congress in the Palace of the Republic, where women from all over the GDR could network.

Sabine Bergmann-Pohl 1946
The politician was the last head of state of the GDR. She remembers the Palace of the Republic, which was the seat of the People’s Assembly, as the place ‘where German reunification was decided’.

Lise Meitner 1878-1968
The Austrian nuclear physicist conducted research in Berlin with Otto Hahn at the institute of the Kaiser Wilhelm Society, which had been based in the Berlin Palace since 1922. In the so-called winter lectures, which also took place in the palace, she made her research, e.g. on the structure of the atomic interior, accessible to the public.

Anne-Gudrun Meier-Scherling 1906-2002
She was one of the first women in Germany to study law. After graduating, she worked at the palace as an assistant at the Institute for Foreign and International Law. She later became the first female judge at the Federal Labour Court.

Eugenie Schwarzwald 1872-1940
Genia built up an entire network of welfare organisations in Vienna. After moving to Berlin, she built a communal kitchen in the former imperial palace kitchen in 1923, which was primarily intended to provide inexpensive meals for artists, freelancers and students.

Marie-Elisabeth Lüders 1878-1966
The social politician put her heart and soul into opening the Helene Lange day centre for female students in the palace. From 1928, 31 female students were able to live there for little money. This was a great gain, as the housing situation for female students was very precarious.

Elisabeth Henschel-Simon 1897 – 1946
In 1927, the art historian became a custodian at the newly created Prussian ‘Administration of State Palaces and Gardens’, based in the Berlin Palace. There she worked hard to preserve the building and make it available to the public. She was dismissed in 1933 because she was Jewish.


Pia Höhfeld (*1996 in Frankfurt a.M., lives in Berlin) is currently studying BA Visual Communication at the Weißensee Kunsthochschule Berlin after completing her training as a Designer in Print Media. Her artistic practice focuses on topics that are close to her heart due to her personal experiences, especially the representation and empowerment of women. A sustainable approach to materials is also important to her, which is why she often uses waste as a resource. She is grateful to have been able to show her works in various German cities (including Berlin, Hamburg, Deggendorf, Munich, Stralsund and Potsdam) and internationally (Poland, USA, Argentina).

— 7. Oktober 2024

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert