There-is-a-crack-in-everything- thats-how-the-light-gets-in. (L. Cohen)
Künstlerischer Leitgedanke
„Craquelure (zu deutsch: Krakelee) ist ein französischer Begriff, der sich auf das Netzwerk feiner Risse bezieht, die auf der Oberfläche eines Bildes oder eines Objektes entstehen. Verursacht wird ein Craquelé entweder schon bei der Herstellung eines Objektes, u.a. durch falschen Aufbau; oder im Laufe seiner Alterung (Alterssprung), auf Grund atmosphärischer Bedingungen und / oder durch mechanische Belastung“.
Soweit die Definition von Craquelè (Quelle: wikipedia), die in jedem Fall von einer Brüchigkeit einer Fläche, einer Hülle kündet. Diese Brüchigkeit wird im vorliegenden Entwurf auf die äusserliche und, im übertragenen Sinne, auf die inhaltliche Konzeption der Schlosshülle angewendet, in dem das gesamte Gebäude mit einer Struktur von Rissen aus Messing überzogen wird. Das Gebäude wird zur zerbrechlichen Hülle, zum fragilen Behältnis der darin bewahrten Inhalte. Die Gebäudehülle wird in ihrer nach aussen gerichteten, monumentalen Dominanz erschüttert und optisch sabotiert. Die schützende Integrität der äusseren Hülle für das Innere ist nicht mehr gewährleistet.
Diese Fragilität überzieht als Struktur die gesamte sichtbaren Fassadenteile, umfasst alle Bereiche, und stellt die bislang gültige Konzeptionen des Forum in Frage. Die vermittelten Endgültigkeiten weisen Risse und Sprünge auf, erweisen sich als nicht haltbar.Die Architektur selbst wird zur Hülle, zum Behältnis, zu einem Eimer, dessen Inhalte beliebig ausgeschüttet und neu befüllt werden können. Die Besucher*innen erleben die scheinbare Faktizität der angebotenen Zurschaustellungen als brüchig, als vorläufig und nunmehr instabil.
Äusserlich wird die hierarchisierende Ordnung der preussischen Repräsentationsarchitektur durch das übergezogene Netz von Rissen ausgehebelt. Die hermetische Fassade tritt wortwörtlich zurück hinter dem freien, fast organischem Ornament einer Fragilität, die sich nicht an oben und unten orientiert, sondern sich willkürlich aus inneren Spannungen zu ergeben scheint. Die Fassade wird zum Ensemble von gedachten Bruchstücken; von Scherben, die sich lediglich als Momentaufnahme zur Schlosshülle zusammensetzen.
Materialität und Machbarkeit
Auch wenn eine Machbarkeit des Projektes nicht explizit Bestandteil des Ideenaufrufs ist, so wohnt er doch jedem Entwurfsgedanken inne. Das Projekt ist in jedem Falle nach einfachen Prinzipien zu realisieren, wenn auch in grossen Dimensionen. Ein Netz aus Vierkantmessing (Umfang ca. 120 x 120 mm) wird nach Entwurfsvorgaben zusammengeschweisst und mittels punktueller, reversibler Verankerungen fixiert und (mit Abstand) vor alle in Frage kommenden Fassadenteile gesetzt. Die Messingstruktur hebt sich vom Sandstein der historisierenden Fassade ab, bleibt aber in einem erweiterten Kanon von deren Farbigkeit und wird so zur glaubhaften, ihr innewohnenden und nunmehr sichtbaren Struktur. Je nach Witterung erzeugt es ein Spiel von goldenen Lichtreflexen, die die Autonomie der Gestaltung unterstreichen. Die bisherige Fassade tritt dahinter zurück und wirkt nunmehr starr und unbelebt.
Das Material ist leicht und einfach zu handhaben. Es ist dauerhaft, witterungs- und korrosionsbeständig und unterliegt keinen Windlasten.
Andreas Kopp (*1959 in Amsterdam) studierte Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Neben seiner internationalen Ausstellungstätigkeit realisiert er vielfache architekturbezogene Projekte und Skulpturen im öffentlichen Raum, dazu gehören das Foyer der Köln Arena und die Magistralenhalle Stadthaus Köln (beides für für Böhm Architekten Köln). Seit 2023 ist er künstlerischer Leiter von Andy Goldsworthys Arbeit ‚Hedge Walk‘ (erstes permanentes Projekt in Deutschland) auf dem Nieheimer Kunstpfad. Zuletzt gezeigt wurde die Ausstellung ‚portable war memorial #2‘ in st. gertrud kirche+kultur (2024). Zu den diversen erhaltenen Auszeichnungen zählt der Ernst-Barlach-Preis. Er übernahm diverse Lehraufträge in Dresden, Köln und Bonn und ist Gründungsdekan der St.Moritz Art Academy / SMAA residencies. Er lebt in Ostwestfalen.
Craquelé
There-is-a-crack-in-everything- that-how-the-light-gets-in. (L. Cohen)
Artistic central idea
‘Craquelure is a French term that refers to the network of fine cracks that appear on the surface of a picture or an object. Craquelé is caused either during the production of an object, for example by incorrect construction, or in the course of its ageing (ageing crack), due to atmospheric conditions and/or mechanical stress’.
This is the definition of craquelé (source: wikipedia), which in any case indicates the fragility of a surface, a shell. In the present design, this fragility is applied to the exterior and, in a figurative sense, to the content of the castle shell by covering the entire building with a structure of cracks made of brass. The building becomes a fragile shell, a fragile container for the contents it holds. The outward-facing, monumental dominance of the building shell is shaken and visually sabotaged. The protective integrity of the outer shell for the interior is no longer guaranteed.
This fragility covers the entire visible façade as a structure, encompassing all areas, and calls into question the previously valid concepts of the Forum. The conveyed finality shows cracks and fissures and proves to be unsustainable; the architecture itself becomes a shell, a container, a bucket whose contents can be poured out and refilled at will. Visitors experience the apparent factuality of the displays on offer as fragile, as provisional and now unstable.
Externally, the hierarchising order of Prussian representational architecture is undermined by the overlaid network of cracks. The hermetic façade literally recedes behind the free, almost organic ornamentation of a fragility that is not orientated towards top and bottom, but seems to arise arbitrarily from inner tensions. The façade becomes an ensemble of imaginary fragments; of shards that only come together as a snapshot of the castle shell.
Materiality and feasibility
Although the feasibility of the project is not explicitly part of the call for ideas, it is inherent in every design concept. In any case, the project can be realised according to simple principles, albeit on a large scale. A mesh of square brass (approx. 120 x 120 mm in size) is welded together according to the design specifications and fixed in place by means of point-fixed, reversible anchors and placed (at a distance) in front of all the façade elements in question. The brass structure stands out from the sandstone of the historicising façade, but remains in an extended canon of its colour and thus becomes a credible, inherent and now visible structure. Depending on the weather, it creates a play of golden light reflections that emphasise the autonomy of the design. The previous façade recedes behind it and now appears rigid and inanimate, and the material is light and easy to handle.
It is durable, weather and corrosion resistant and is not subject to wind loads.
Andreas Kopp (*1959 in Amsterdam) studied painting at the Kunstakademie Düsseldorf. In addition to his international exhibition activities, he has realized numerous architecture-related projects and sculptures in public spaces, including the foyer of the KölnArena and the Magistralenhalle Stadthaus Köln (both for Böhm Architekten Köln). Since 2023, he has been the artistic director of Andy Goldsworthy’s work ‚Hedge Walk‘ (first permanent project in Germany) on the Nieheimer Kunstpfad. His most recent exhibition was ‚portable war memorial #2‘ at st. gertrud kirche+kultur (2024). Among the various awards he has received is the Ernst Barlach Prize. He has held various teaching positions in Dresden, Cologne and Bonn and is the founding dean of the St. Moritz Art Academy / SMAA residencies. He lives in East Westphalia.